NeuroNation \ Prävention

Wie ansteckend ist Alzheimer?

Die Hinweise häufen sich: Bei Alzheimer könnte es sich nicht nur um eine körpereigene Erkrankung handeln, sondern auch um eine übertragbare. Wie genau es zu Übertragungen kommen kann, ist noch nicht geklärt.

Stets wird zwar betont, dass die Gründe für die Alzheimer Demenz (AD) noch nicht verstanden werden. Das hält Wissenschaftler jedoch nicht davon ab, fieberhaft nach Therapiemöglichkeiten zu forschen. Im Zentrum des Interesses stehen meist sogenannte Amyloid-Beta Plaques. Dabei handelt es sich um Verklumpungen, die sich im Gehirn von AD-Patienten finden. Bisher konnte zwar nicht nachgewiesen werden, dass Therapien, die Amyloid-Plaques verhindern auch die AD verhindern, dennoch vermuten viele Wissenschaftler in diesen Plaques den Schlüssel zum Verständnis von AD. 

Autopsie zeigt: Eiweiße können wandern

Eine neue, in Nature veröffentlichte Studie erweitert nun die Spekulationen um das Amyloid-Beta in AD-Patienten. Der Grund dafür sind Autopsien von Gehirnen von Menschen, die an der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit verstorben sind. Dabei handelt es sich um eine ansteckende Krankheit, die häufig als menschliches BSE bezeichnet wird. Neben den üblichen Anzeichen der Krankheit, fiel den Wissenschaftlern auf, dass sich in sieben der acht untersuchten Gehirne zusätzlich Amyloid-Beta befand. Der Fund von Amyloid-Beta ist insofern ungewöhnlich, als die verstorbenen Patienten lediglich zwischen 36 und 51 Jahre alt waren, also noch in keinem Alter, in dem Gehirne in der Regel die Verklumpungen aufweisen. Wohlgemerkt, gestorben sind die Patienten an der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit. Jedoch wären die Patienten mit großer Wahrscheinlichkeit an AD erkrankt, hätten sie noch länger gelebt. Die Patienten litten somit an zwei tödlichen Krankheiten.

Gemeinsamkeiten der Patienten

Alle Patienten hatten eine Gemeinsamkeit: Sie alle litten in der Kindheit unter einer Wachstumsstörung und erhielten daher eine Hormonbehandlung. Bis Mitte der 80er Jahre wurde das zur Behandlung nötige Hormon aus den Hirnanhangdrüsen verstorbener Menschen gewonnen. Einige dieser Toten litten ebenfalls an der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit, auf diese Art fand die Ansteckung statt. Wie es scheint, haben sich die Kinder, die damals die Hormonbehandlung erhielten, zusätzlich mit AD infiziert.

Ähnlicher Übertragungsweg bei Alzheimer

Für die Übertragung der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit sind Prione verantwortlich, eine bestimmte Art von Eiweiß. Auch bei dem eingangs beschriebenen Amyloid-Beta handelt es sich um ein Eiweiß. Könnte es also sein, dass auch Alzheimer über einen ähnlichen Weg übertragbar ist? Kann es Zufall sein, dass sieben der acht Patienten AD-typische Merkmale aufwiesen und gleichzeitig eine Hormonbehandlung, die aus der Hirnanhangdrüse Verstorbener bestand? Theoretisch könnte es natürlich eine andere Ursache geben, beispielsweise die Kleinwüchsigkeit, die sämtliche Patienten gemeinsam hatten. 

Weitere Forschungen bekräftigen Theorie

Doch andere Forschungsergebnisse legen ebenfalls Sorgenfalten auf die Stirn von Wissenschaftlern. So konnte in einer weiteren Studie gezeigt werden, dass Mäuse, denen Hirnsubstanz von Alzheimer-Patienten injiziert wurde, ebenfalls Amyloid-Beta bildeten. Die Mäusehirne entwickelten somit Charakteristika von AD-Patienten. Ein weiterer Grund zur Beunruhigung ist die Tatsache, dass Amyloid-Beta extrem widerstandsfähig ist, gängige Formen der Desinfektion könnten zu kurz greifen. Dies ist insbesondere bei der Desinfektion von OP-Besteck relevant.

Übertragung unklar

Wie genau eine Ansteckung bei Menschen ablaufen könnte, ist noch vollkommen offen. Müsste tatsächlich Hirnextrakt eines AD-Patienten in das Gehirn eines anderen Menschen injiziert werden, reicht eine Injektion in den Blutkreislauf, oder könnte gar eine Bluttransfusion für eine Ansteckung ausreichen? All diese Fragen sind noch komplett offen. Und wie sieht es mit den anderen 30.000 Kindern aus, die auf die gleiche Art behandelt wurden, wie die acht an der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit verstorbenen Patienten?

Wie eingangs erwähnt, ist nach wie vor nicht der Beweis erbracht, dass Amyloid-Beta tatsächlich Ursache für AD ist, es könnte theoretisch lediglich eine Begleiterscheinung von AD sein. Dass Amyloid-Beta in Gehirnen gefunden wurde, heißt nicht automatisch (auch wenn die Wahrscheinlichkeit groß ist), dass betroffene Patienten auch tatsächlich eines Tages unter AD gelitten hätten. Da es bis zu 50 Jahre dauern kann, bis sich AD bemerkbar macht, wird erst die Zukunft Klarheit schaffen.

Vorsicht vor Panikmache

Doch eines muss klar sein: Der Umgang oder die Pflege von AD-Patienten ist nach heutigem Kenntnisstand komplett unbedenklich. Mögen die Befunde auch gespenstisch wirken, so können sie gleichzeitig Licht ins Dunkel bringen und somit langfristig die Entwicklung einer effektiven Behandlung beschleunigen.

Training starten

Quellen:

Jaunmuktan, Z., Mead, S., Ellis, M., Wadsworth, J., Nicoll, A., Kenny, J., Launchbury, F., Linehan, J., Richard-Loendt, A., Walker, A. S., Rudge, P., Collinge, J., & Brandner, S. (2015). Evidence for human transmission of amyloid-β pathology and cerebral amyloid angiopathy. Nature, 525(7568), 247-250.

Mehr über: