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Wie schnell denken Sie? 5 Fragen geben Antwort

Entscheidungen – Grundsätzlich gibt es zwei Methoden, um sie zu fällen. Eine schnelle und fehleranfällige sowie eine langsame und gründliche.

Stellen Sie sich vor, Sie sind in einer Quizshow und werden mit der Frage konfrontiert, ob Baku die Hauptstadt von Aserbaidschan ist. Sie haben zwar schon mal von Baku im Zusammenhang mit Aserbaidschan gehört, können aber unmöglich mit Gewissheit sagen, ob Baku die Hauptstadt ist. Wie gehen Sie in einer solchen Situation vor? Zum einen können Sie sich einer ganz einfachen und schnellen Systematik bedienen. Beispielsweise könnten Sie die Vermutung anstellen, dass eine aserbaidschanische Stadt, die Ihnen bekannt ist, vermutlich recht groß ist und es sich daher bei ihr mit hoher Wahrscheinlichkeit um die Hauptstadt handelt. Diese Art der Entscheidungsfindung ist schnell und fehleranfällig.

Detaillierte Analysen sind aufwendig

Entscheidungen unter Informationsmangel treffen

Die Alternative besteht darin, eine überaus detaillierte Analyse hinsichtlich der Informationen, die einem sonst noch zu jeweiliger Hauptstadt einfallen, anzustellen. Beispielsweise könnte Ihnen einfallen, dass in Baku auch der Eurovision Songcontest ausgetragen wurde. Und der wird wiederum meistens in der Hauptstadt eines Landes ausgetragen. Allerdings nur meistens, wie man am Beispiel Deutschlands sieht, wo er in Düsseldorf ausgetragen wurde. Auch könnte Ihnen einfallen, dass Sie am Flughafen schon einmal gesehen haben, dass es Direktflüge von Deutschland aus gibt. Könnte das nicht ein gutes Indiz für die Bedeutung einer Stadt sein?

Entscheidungen unter Informationsmangel

Verschiedene Arten zum Ziel zu gelangen

Der Grund für die lange Darstellung der unterschiedlichen Entscheidungs-Szenarien liegt darin, dass wir einen Großteil unserer Entscheidungen treffen, ohne sämtliche Informationen sowie die Vor- und Nachteile, die mit einer Entscheidung einhergehen, vollumfänglich zu kennen. Die Frage nach der Art unserer Entscheidungsfindung ist so grundlegend, dass es das Stockholmer Nobelpreiskomitee als wichtig erachtete, Antworten darauf mit einem Wirtschaftsnobelpreis auszuzeichnen. Konkret wurde im Jahre 2002 der Psychologe Daniel Kahneman für seine Forschungen zu menschlichem Verhalten in Gewinn- und Verlustsituationen ausgezeichnet [1].

Darin konnte er nachweisen, dass sich Menschen oftmals irrational verhalten, anders als es Ökonomen über viele Jahre vermuteten. Rationales Verhalten im wirtschaftlichen Kontext zeichnet sich durch Gewinnmaximierung aus, irrationales entsprechend durch einen Mangel an Gewinnmaximierung. Vereinfacht gesagt sind rationale Entscheidungen analytisch, langsam und kopflastig, während irrationale Entscheidungen intuitiv, schnell und aus dem Bauch heraus entstehen. In seinen späteren Forschungen interessierte sich Daniel Kahneman nicht mehr so sehr für die Frage, ob sich Menschen irrational verhalten, sondern in welchen Situationen dies der Fall ist.

Er kam dabei zu dem Schluss, dass Menschen grundsätzlich zwei Arten zu denken haben: Eine schnelle und fehleranfällige sowie eine langsame und gründlichere. Seiner Theorie zufolge denken wir umso irrationaler, je schneller wir denken; denken wir langsamer, so sei unser Verhalten rationaler. Ob Sie schnell oder langsam denken, können Sie testen, indem Sie folgende Fragen beantworten. Einige dieser Fragen stammen dabei direkt von Daniel Kahnemans Forschungen (die Antworten finden Sie am Ende):

1: Auf einem See wachsen Seerosen. Die Anzahl der Seerosen verdoppelt sich täglich. Nach 20 Tagen ist der gesamte See bedeckt. Nach wie vielen Tagen war der halbe See bedeckt? [2]

2: Ein Schläger und ein Ball kosten zusammen 1,10 Dollar. Der Schläger kostet einen Dollar mehr als der Ball. Wie viel kostet der Ball? [2]

3: In einer Stadt gibt es zwei Krankenhäuser, ein großes und ein kleines. In welchem der beiden Krankenhäuser ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass es an einem Tag deutlich mehr Jungen als Mädchen geboren werden (vorausgesetzt Mädchen und Jungen werden im Durchschnitt gleich oft geboren)? [2]

4: Lukas schaut Anna an, Anna schaut Fabio an. Lukas ist verheiratet, Fabio ist Single. Schaut eine verheiratete Person eine unverheiratete an? [3]

5: 5 Maschinen produzieren 5 Teller in 5 Stunden. Wie lange benötigen 3 Maschinen für 3 Teller? [2]

Haben Sie viele dieser Fragen korrekt beantwortet, spricht dies für einen gründlichen, rationalen und eher langsamen Denkstil. Haben Sie sich bei den meisten der Fragen in die Irre führen lassen, so spricht dies für einen schnellen, intuitiven und fehleranfälligen Denkstil. Wichtig ist dabei zu verstehen, dass keiner der beiden Stile an sich vorteilhaft ist. Es sind schlichtweg andere Denkstile.

Verteidigung des schnellen Denkens

In den letzten Jahren trat der deutsche Psychologe Gerd Gigerenzer zur Verteidigung des schnellen Denkens an [siehe z. B. Quelle 4]. Seiner Meinung nach, sei es nicht nur vernünftig schnell zu denken, weil es zeitsparend ist, man käme dabei sogar zu besseren Ergebnissen. Ausgehend von dem obigen Beispiel würde Gerd Gigerenzer ungefähr so argumentieren: Angenommen Sie würden Ihre Entscheidung lediglich von der Bekanntheit der Stadt abhängig machen (d. h. ich kenne die Stadt Baku und weiß, dass sie in Aserbaidschan ist, daher handelt es sich vermutlich um die Hauptstadt), so würden Sie mit großer Sicherheit richtig liegen.

Alternativ können Sie versuchen, möglichst viele Kriterien auszuarbeiten und zu ergründen, ob ein Kriterium wirklich eine totsichere Vorhersage erlaubt (d. h. gibt es einen internationalen Flughafen in Baku? Gibt es Fälle, in denen die bekannteste Stadt eines Landes nicht gleichzeitig Hauptstadt ist?). Angenommen Sie würden diese sehr komplizierte Berechnung anstellen, so würden Sie 1.) länger brauchen, ohne dabei 2.) unbedingt zu besseren Ergebnissen zu gelangen.

Fazit: Fehler sind relativ

Wohl jeder, der sein eigenes Verhalten einmal Revue passieren lässt, würde wohl zugeben, dass das eigene Denken nicht immer fehlerfrei ist. Allerdings muss in diesem Zusammenhang das Wort ‚Fehler‘ mit Vorsicht genossen werden. Eine Entscheidung, die nicht vollkommen rational ist, ist nicht unbedingt falsch, beispielsweise kann die enorme Zeitersparnis rechtfertigen, nicht alle theoretisch verfügbaren Informationen für die Urteilsbildung heranzuziehen. Seien Sie also gnädig mit sich, wenn Sie sich mal wieder dabei erwischen, eine schnelle Entscheidung zu treffen.

Antworten:

1: Nach 19 Tagen: Bei einer täglichen Verdoppelung ist ein Tag vor dem kompletten See, der halbe See zugewachsen.

2: 5 Cent: Ball 5 Cent + Schläger 1,05 Dollar = 1,10 Dollar

3: Im kleinen Krankenhaus: Ein starkes Abweichen vom Durchschnitt ist umso wahrscheinlicher, je kleiner die Fallzahlen.

4: Ja: Ist Anna unverheiratet, so schaut der verheiratete Lukas sie an. Ist Anna verheiratet, so schaut sie den unverheirateten Fabio an.

5: 5 Stunden: Die Anzahl von Teller pro Maschine bleibt unverändert.

Quellen:

1: Kahneman, D., Tversky, A. (1979).“Prospect Theory: An Analysis of Decision Under Risk“. Econometrica, 47 (2), 263–291
2: Daniel Kahneman (25 October 2011). Thinking, Fast and Slow. Macmillan. ISBN 978-1-4299-6935-2.
3: Stanovich, E., & West, R. F. (2008). On the Relative Independence of Thinking Biases and Cognitive Ability. Journal of Personality and Social Psychology, 94(4), 672-695.
4: Gigerenzer, G., & Goldstein, D. G. (1996). Reasoning the Fast and Frugal Way: Models of Bounded Rationality. Psychological Review, 103(4), 650-669.

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