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Wieso Stress im Job gesund sein kann

Über Stress im Job zu klagen ist weitverbreitet. Die negativen Aspekte eines stets herausfordernden Jobs liegen auf der Hand. Neueste Forschungen beleuchten nun die positiven Aspekte. Vereinfacht gesagt: Je herausfordernder unser Job, desto länger bleiben wir geistig fit.  

Bei einer oberflächlichen Betrachtung unserer Arbeitswelt legen sich einem Sorgefalten auf die Stirn: Alleine zwischen 2004 und 2011 haben laut Zahlen des Bundesverbands der Betriebskrankenkassen die Burn-Out bedingten Krankheitstage um 1800 Prozent zugenommen. Durch diesen Arbeitsausfall entsteht beträchtlicher volkswirtschaftlicher Schaden, vom Leiden der Betroffenen ganz zu schweigen. Der Begriff Stress fällt heute in einem Atemzug mit Arbeit, Job und Karriere.

Die zwei Gesichter der Arbeit

Macht uns die heutige Arbeitswelt kaputt; machen wir uns selbst mit unserem Karrierestreben kaputt? Wie die obigen Zahlen belegen, ist unbestreitbar, dass das Arbeitsleben einen hohen Tribut fordert.
Einerseits. Andererseits ist diese Betrachtung zu kurz gegriffen. Burn-Out tritt insbesondere in Jobs auf, die sozial anspruchsvoll sind (z.B. bei Lehrern und Krankenpflegepersonal) und nicht in Jobs die per se anspruchsvoll sind. Eine pauschale Verurteilung unserer Arbeitswelt scheint daher nicht gerechtfertigt.

Langzeitstudie über 8 Jahre

Eine neue Studie um die Wissenschaftlerin Doktor Francisca Then (Universität Leipzig) untersuchte nun, inwieweit unser Beruf die Alterungsprozesse unseres Gehirns beeinflussen. Die Wissenschaftler untersuchten dazu Rentner, die mindestens 75 Jahre alt waren, über einen Zeitraum von 8 Jahren. In Abständen von eineinhalb Jahren wurde die geistige Leistungsfähigkeit der Studienteilnehmer mittels eines standardisierten kognitiven Tests erfasst (Mini-Mental State Examination; MMSE).
Zusätzlich wurden die Studienteilnehmer interviewt und nach ihrem früheren Berufsleben befragt. Tätigkeiten im Job wurden anhand von drei Kategorien beurteilt: Exekutive, verbale und fluide Tätigkeiten. 

Exekutive Tätigkeiten sind beispielsweise das Planen von Arbeitsabläufen und die Entwicklung von Strategien; verbale Tätigkeiten beschreiben die Bewertung und das Verständnis von Informationen; unter fluiden Tätigkeiten verstehen die Wissenschaftler Datenanalyse und selektive Aufmerksamkeit. Bewertet wurde zudem, wie intensiv ausgeprägt diese Tätigkeiten im jeweiligen Job waren. Für jeden Studienteilnehmer wurde somit ein individuelles Jobprofil erstellt.

Unterschiedliche geistige Leistungsfähigkeiten

Nach den 8 Jahren analysierten die Forscher die gewonnenen Daten. Es zeigte sich, dass jene Studienteilnehmer, die die anspruchsvollsten Jobs hatten, die höchsten Werte in den standardisierten kognitiven Tests aufwiesen. Noch erstaunlicher ist der Befund, dass der Rückgang der geistigen Leistungsfähigkeit innerhalb dieser 8 Jahre bei jenen Studienteilnehmern, die die anspruchsvollsten Jobs hatten, geringer ausgeprägt war. Der Rückgang der geistigen Leistungen innerhalb der Gruppe der Studienteilnehmer, die die anspruchsvollsten Jobs hatten, war lediglich halb so groß wie der Rückgang der Leistung bei Studienteilnehmern, die nur wenig anspruchsvolle Jobs hatten.
Bisherige Forschungen konzentrierten sich primär auf die Bedeutung von Bildung als schützenden Faktor vor geistigem Verfall im Alter. Diese neuen Ergebnisse demonstrieren nun, dass die Art der Arbeit mindestens genauso wichtig ist wie Bildung.

Verschiedene Möglichkeiten, geistig fit zu bleiben

Diese Forschungsergebnisse reihen sich zu früheren Befunden, die demonstrieren konnten, dass mentale Aktivität das Altern des Gehirns wirksam verlangsamen kann. Natürlich ist der Beruf nur eine Möglichkeit sich geistig fit zu halten. Wichtig ist in erster Linie, dass das Gehirn regelmäßig an seine Grenzen stößt und somit dauerhaft gefordert wird.

Zusammenfassend lässt sich über anspruchsvolle Jobs sagen: Je anspruchsvoller ein Job, desto höher die geistige Leistungsfähigkeit im Alter und desto geringer deren Abnahme. Sofern der Job nicht genügend Abwechslungen und Herausforderungen bereithält, kann dieser Mangel jedoch durch Freizeitaktivitäten ausgeglichen werden.

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Quellen:

1: Then, F. S., Luck, T., Luppa, M., König, H.-M., Angermeyer, M. C., & Riedel-Heller, S. G. (2015). Differential effects of enriched environment at work on cognitive decline in old age. Neurology, doi: 10.1212/WNL.0000000000001605

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